Wenn auf dem Ortsschild „Arft, Ortsteil Nettehöfe“ steht, so darf man das nicht ganz wörtlich nehmen. Arft und Netterhöfe sind durch manchen Kilometer Waldweg und 250 m Höhenunterschied voneinander getrennt. Netterhöfe liegt tief im schattenreichen Nettetal und Arft auf freier Höhe. Beide Ortsteile haben aber eine lange Historie, die ersten Aufzeichnungen zu Nettehöfe datieren aus 1350. Im Detail "Simon, Herr zu Kempenich tauscht, mit Gerhard, Herr zu Landskron, eine Leibeigene zur Nette gegen eine solche aus Heckenbach.".
Und was kann die Menschen damals bewogen haben, in diesem abgelegenen Waldtal zu siedeln? Vielleicht waren es Köhler, die der Waldreichtum angezogen hat. Tatsächlich entdeckt ein geschultes Auge in den Wäldern eigentümliche ovale, plateauartige Flächen, die – heute längst wieder mit hohen Bäumen bestanden – auf die frühere Anlage von Meilern schließen lassen.
Im Übrigen wird das Leben in dieser Waldeinsamkeit dürftig genug gewesen sein, reichten die wenigen Wiesenflächen kaum, um eine Kuh oder ein paar Ziegen zu ernähren. Da wird wohl manchmal bei Mensch und Vieh gehungert worden sein.
Das hinderte den Staat aber nicht, seinen Blick auch auf diese armen Wäldler zu richten. An einem der Häuser hängt heute noch ein altes Blechschild mit der Aufschrift
Dorf Netterhöfe
Bügermeisterei Virneburg
Landwehr-Bezirk Andernach
Hauptmeldeamt Andernach
Kreis Adenau Mayen
Regierungsbezirk Coblenz
Wir lebten also immer schon in einem Ordnungsstaat. Und ordentlich geht es auch heute noch hier zu. Wir sind an das Gruppenwasserwerk angeschlossen, bekommen Internet über LTE, haben Kanalisation, das RWE liefert Strom, täglich kommt das Postauto und im Winter der Schneepflug oder der Streuwagen. Alle Steuer- und Abgabenbescheide erreichen uns auf das pünktlichste. Auch Telefon und Müllabfuhr funktionieren und seit neuestem haben wir sogar Gelbe Säcke …
Doch sollen auch gewisse Mängel nicht verschwiegen werden, gibt es doch z.B. kein noch so kleines Wirtshaus, das dem Wanderer Erquickung bieten könnte. Auch ein Ladengeschäft sucht man vergebens. Völliger Mangel herrscht auch an öffentlichen Gebäuden; es sei denn, man wollte das Nääter Kapellchen in diesem Zusammenhang erwähnen.
Dieses hübsche Bauwerk findet man etwas oberhalb des Dorfes in steiler Spornlage zwischen Nettetal und Weidseifen. Eine hölzerne Bank läd zum Verweilen ein. Das 1865 in Erfüllung eines Gelübdes erbaute Kapellchen wurde vor einigen Jahren auf Initiative des damaligen Arfter Bürgermeisters Josef Groß aufs feinste renoviert und mit einem neuen Dachstuhl samt Schieferdeckung versehen. Mit wenig Geld und viel Bürgersinn und –fleiß ist das Werk wohl gelungen, sehr auch zur Freude der Jodokuspilger, die alljährlich im September von der Ahr nach St. Jost im Nitzbachtal ziehen und gern am Nääter Kapellchen eine fromme Pause einlegen.
Und wer lebt heute in Netterhöfe? Neben den wenigen Menschen, die ständig hier wohnen, ein paar Leute, die dem Lärm rheinischer Großstädte wenigstens über das Wochenende oder während der Ferien entfliehen wollen. Jedenfalls sind das alles Leute, denen eine Wanderung durch Wälder und Wiesen wichtiger ist als alle Action und Events eines kommerzialisierten Großstadttreibens. Der Verzicht auf Klamauk wird mit mancher Freiheit belohnt.
Und wenn man die Leute hier fragt, ob das Leben im einsamen Nettetal für sie das Paradies bedeute, wird man vielleicht keine ganz einhellige Meinung hören. Aber einige gewiss Ernstzunehmende werden schon laut mit „JA“ antworten.